Südafrika,  11.04 

Richards Bay (Suedafrika) im November 2004 (Richards Bay liegt ca 200 km noerdlich von Durban)

Hallo,

schon wieder sind fast 4 Monate seit unserem letzten Rundbrief vergangen.Die Zeit ist uns wie im Fluge vergangen und wir haben in der Zwischenzeit einen Ozean ueberquert und sind auf einem fuer uns neuen Kontinent angekommen. Von Afrika kennen wir nur Aegypten und die Kap Verden.

Die Stella und ihre Crew sind am 3. November 2004 gut, heil und gesund in Richards Bay angekommen.

Zunaechst bedanken wir uns bei all denen, von denen wir Post erhalten haben und bei denen wir uns noch nicht bedankt haben. Wir freuen uns immer, wenn wir eine Mail bekommen.

Bevor ich mit dem Reiseabschnitt Indischer Ozean beginne, noch einen Nachtrag zum Pazifik:
In Cairns klopfte es eines Tages auf die Kajuete und als wir nachschauten, stand ein aelteres Ehepaar neben dem Boot und meinte, dass sie denken, die Stella sei mal ihr Boot gewesen. Ihr muesst wissen, dass wir die Stella vor 33 Jahren von einem Preetzer Ehepaar gekauft haben. Der lose Kontakt brach nach 3 Jahren ab, als die Verkaeufer nach Neuseeland emigrierten. Und nun standen sie neben dem Boot und waren total ueberrascht, nicht nur wirklich ihr Boot sondern auch noch den urspruenglichen Kaeufer anzutreffen. Wir verbrachten den ganzen naechsten Tag miteinander und hatten viel zu schwatzen.

Nach unserem letzten Rundbrief verbrachten wir noch ca 3 Wochen in Darwin, besuchten den Kakadu-Nationalpark und waren mal wieder total von dem, was wir zu sehen bekamen, ueberrascht. Darwin liegt zwar in den Tropen, ist aber auch vom Monsun gepraegt. Es gibt absolut trockene Wintermonate, es regnet fuer Monate nicht. Und dann kommt im Sommer der Monsun und es wird bruetend heiss und schwuel und es regnet viel. (Wir waren zum Glueck im trockenen Winter dort) So fanden wir keinen ueppigen tropischen Regenwald vor sondern nur sehr lichten Wald mit relativ kleinen Baeumen, gewaltigen Termitenbauten, ein ganz duenn besiedeltes Land und viele “Wetlands”, d.h. flaches Land, das in der Regenzeit total unter Wasser steht. Es gibt aber reichlich Wasserloecher und kleine Fluesse, die ganzjaehrig Wasser fuehren und somit ein reichhaltiges Tierleben ermoeglichen. Wir haben eine riesige Storchenart und eine eben so grosse Reiherart gesehen, viele Krokodile, ganz viele Voegel und noch einiges mehr.

 In Darwin zurueck wurden die letzten Arbeiten an der Stella ausgefuehrt und der Proviant, soweit noetig, fuer die folgenden 100 Tage ergaenzt. Abends trafen wir uns meistens mit anderen Bootsbesatzungen.

Am 14.8. ging es dann zu Dritt los, denn Hubert wollte den Indic mit uns ueberqueren. Wie erwartet gab es zunaechst keinen Wind und wir motorten 5 Tage nach Westen. Dann wurde der Diesel knapp und wir setzten Segel. Die naechsten 2 Tage erreichten wir stolze Etmale von 50 bis 60 sm. Danach setzte sich aber der SE Passat durch und wir machten gute Fahrt, so dass wir fuer die 2.000 sm nach Cocos (Keeling) Islands nur 18,5 Tage benoetigten. Unterwegs lag ein indonesischer Fischer auf unserem Kurs, von dem aus heftig mit zwei Armen (internationales Notsignal) gewunken wurde. Wir wollten den Motor starten und Segel bergen, aber der Motor sprang nicht an. Wir segelten dicht vorbei und erfuhren, dass es keinerlei Probleme gab, es war nur ueberschwengliche Freude der jugendlichen Besatzung.

Wir verkuendeten auf der taeglichen Funkrunde, dass wir keinen laufenden Motor mehr haetten und eventuell Hilfe beim Einlaufen in Cocos benoetigen wuerden. Puenktlich wehte es mit 25 Knoten und wir mussten teils gegen den Wind, teils im Slalom um Korallenkoepfe herum den Ankerplatz anlaufen. Weit draussen liessen wir dann an ungemuetlicher Stelle den Anker fallen und erprobten, ob das Dinghy, das zu unserer Unterstuetzung raus gekommen war, die schwere Stella auch gegen den Wind bewegen konnte. Dann ging der Anker wieder hoch und wir liessen uns ganz langsam (I Knoten Fahrt) auf den
Ankerplatz schieben.

Zu dieser Inselgruppe, die zu Australien gehoert, gehoeren 2 Atolle. Eines ist total unbewohnt, da die Lagune keine Einfahrt hat und  es somit keinen geschuetzten Hafen gibt. Das zweite Atoll hat eine Einfahrt in die Lagune, Segelboote koennen aber nur ganz am Anfang, gut geschuetzt vor einer unbewohnten Insel ankern. Zum Einklarieren kommen die Behoerden per Boot dorthin. Von den restlichen Inseln sind 2 bewohnt mit insgesamt etwa 500 Leuten, davon 350 Abkommen von Malaien, die vor mehr als 100 Jahren als Arbeiter auf die Kokosplantagen geholt worden waren. Die Kokospalmen werden nicht mehr genutzt. Sonst gibt es nicht viel, ausser ein wenig Tourismus und Beschaeftigung auf einem Flugplatz, der vorwiegend militaerische Bedeutung hat. 2 mal die Woche kommt ein Versorgungsflugzeug und alle 6 Wochen ein kleiner Frachter.

Auf der unbewohnten Insel sind Zisternen errichtet und ein Schutzdach mit Tischen und Baenken darunter. Hier kommen die Einheimischen an den Wochenenden hin zum Baden und Grillen (auch manchmal die Touristen). Es gibt ein Telefon, mit dem man lokale Anrufe kostenlos taetigen kann. So kann man sich Fisch und Dieseloel bringen lassen (eine Yacht liess auch eine Kiste Bier kommen). Abends trifft man sich am Strand unter dem Schutzdach zum Sundowner. Zu unserer Zeit waren etwa 12 weitere Schiffe dort. Die ersten Tage, die wir dort verbrachten, regnete es nahezu pausenlos und es wehte auch stark aus ungewohnter Richtung, so dass die Boote unruhig lagen und Salzwasser staendig ueber die Boote spruehte. Ursache hierfuer war ein kleiner Hurricane, der einig hundert Meilen entfernt sich im Kreise drehte, obwohl zu dieser Jahreszeit auf dem suedlichen Indischen Ozean keine Hurricans sein sollen.

Auf beiden bewohnten Inseln gibt es einen kleinen Supermarkt mit limitiertem Angebot. Obst und Gemuese war besonders knapp, weil auf den Inseln sowas nicht waechst. Zur ersten Insel muss man etwa 30 bis 40 Min. mit dem Dinghy vorwiegend gegen den Wind fahren. Man kommt trotz Oelzeug ziemlich nass dort an.Von dort kann man dann mit einer Faehre zur 2. bewohnten Insel uebersetzen.

Wolfgang hat 7,5 Tage am Motor gearbeitet, dann lief der Motor wieder (auch heute laeuft er noch).

Letztendlich stellte sich heraus, dass das Motorenoel, dass Wolfgang in einem Supermarkt dicht neben der Marina in Darwin gekauft hatte, seine Schmierfaehigkeit offensichtlich schnell vollstaendig verloren hatte und damit die Kompression zum Teufel war.

Nach 14 Tagen, starteten wir zu unserem naechsten 2.000 sm Toern. Dies sollte, wie die Routing Charts und die einschlaegigen Handbuecher vorhergesagt hatten, zu dem windigsten aber auch schnellsten Abschnitt unser Ueberquerund des Indic werden. Wir erreichten Rodrigues, unser Ziel, in  14 Tagen. Wir hatten die ganze Zeit einen stetigen, teils auch heftigen SE-Pssat und die Stella machte Rauschefahrt, selbst bei reduzierten Segeln, wenn wir 25 bis 30 Knoten Wind hatten. Wir kamen ohne irgend welche Schaeden an (ausser ein paar Naehten an den Segeln, die nachzunaehen waren), was nicht allen Yachten gelungen war.

Wir besuchten die 3 Maskareneninseln Rodrigues, Maurtius und Reunion, die jeweils 350 und 140 sm auseinanderliegen. Rodrigues und Mauritius sind ein selbstaendiger Staat, Reuion ist ein Departement von Frankreich, wir waren also zurueck in der EU.

Doch der Reihe nach: Rodrigues ist eine abgelegen Insel mit wenig Tourismus, sehr preiswert aber mit limitiertem Angebot. So gab es weder Duschen noch eine Moeglichkeit Waesche waschen zu lassen. Schon in Cocos hatte ich die Waesche von Hand waschen muessen. (Waesche-Wasch-Moeglichkeit und Duschen gibt es erst seit Mauritius wieder.) Rodrigues ist huegelig und meistens gruen, die Leute sind nett und ein bischen afrikanisch, da die meisten Bewohner Nachfahren der afrikanischen Sklaven sind. Mauritius hat auch viele Inder in der Bevoelkerung, die als Vertragsarbeiter auf die Zuckerrorplantagen geholt worden waren, nachdem England die Sklaverei verboten hatte. Neben dem vulkanischen inneren Hochland hat Mauritius grosse Kuestenebenen mit unendlichen Zuckerrohrfeldern. Hauptattraktionen fuer den ausgepraegten Tourismus sind Wandern in den Bergen und Schnorcheln und Tauchen in den Lagunen. Einige kommen wohl auch wegen des Hochseeangelns (blue Marlin und Konsorten).

Reunions Spezalitaet sind der Anbau von Vanille. Nach der Ernte muessen die Schoten ca 8 Monate behandelt werde, bevor sie “reif” fuer den Verbrauch oder die Verarbeitung sind.

Auf allen drei Inseln haben wir Tagesausfluege gemacht, um vom Land etwas zu sehen. Es war immer unterschiedlich und interessant.

Nun lag der letzte Abschnitt vor uns, noch 1.400 sm nach Suedafrika. Dieser Teil ist durch Flauten und leichte Winde gepraegt, die, sobald man sich Suedafrika naehert, von Kaltfronten unterbrochen werden, die an der afrikanischen Ostkueste von Sueden nach Norden vordringen und heftige SW- Stuerme mit sich bringen. Diese, die gegen den mit bis zu 5 Knoten nach SW setzenden Agulhas Strom wehen, sollen Monsterwellen bewirken. Auch auf dem Kontinentalsockel an der Suedspitze von Madagaskar soll es in diesen Faellen schwere Brecher geben. Auf unsere Frage an einen Suedafrikaner, (den wir im Pazifik getroffen haben ), was zu tun sei, wenn man von so einem SW im Strom erwischt wird, war die lapidare Antwort: Dann solltest Du da nicht sein.

Wir hatten das Wetter, dass  fuer die Gegend typisch ist. Leichte Winde und Flaute und eine Kaltfront erwischte uns gut 500 sm vor der afrikanischen Kuste. Wegen Flaute lief die Maschine und nur das Grosssegel stand. Dann fing es ein bischen an zu wehen und ich holte Wolfgang aus der Koje um das Vorsegel zu setzen. Als er noch nicht ganz eine Hose angezogen hatte, wehte es schon mit 40 Knoten. Wir rissen das Grosssegel runter, setzen das Trysegel, das fuer diesen Toern schon angeschlagen war und drehten fuer 16 Stunden bei. Der Wind liess zwar schon bald auf 30 Knoten nach, aber er kam just dorther, wohin wir segeln wollten, so war das Beidrehen viel gemuetlicher.

Den Rest der Strecke legten wir ohne Probleme zurueck und kamen auch mittags in Richards Bay an. Den Agulhas-Strom, der bei Richards Bay etwa 30 sm breit ist, identifizierten wir nicht nur mit dem GPS (weil wir pfeilschnell wurden) sondern wir lasen auch auch alle 15 Min die Wassertemperatur ab (dafuer ist ein Thermoter installiert) und konnten die Temperatur in kurzer Zeit um 1,5 Grad C steigen sehen.

Insgesamt war die Ueberfahrt ueber den Indic weit angenehmer, als viele Berichte von anderen Seglern erwarten liessen. Zugegeben, es war ein bischen rolliger als auf anderen Passagen, weil es neben dem SE Passat oft starken Schwell aus S oder SW gab. Das Kochen und Abwaschen war daher manchmal etwas wild bewegt.

Nun haben wir Afrika erreicht. Es ist ein bischen dritte Welt oder tiefe Provinz. Alles geht umstaendlich und langsam. Nach einer  Woche (mit regelmaessigen Besuchen) ist es z.B. einem Reisebuero gelungen, 2 Touren fuer uns zu buchen. Noch fehlen uns allerdings die Flugtickets nach Johannesburg. Es soll aber erst Montag los gehen und heute ist erst Freitag. Wir freuen uns aber trotzdem auf den Besuch des Krueger Parks und der Victoria-Wasserfaelle in Simbabwe. Hubert hat uns uebrigens schon verlassen, er wollte ganz schnell nach Kiel, um am 11. November noch an einer Treibjagd teilzunehmen (er ist wohl noch begeisterter vom Jagen als vom Segeln).

Danach werden wir in Richtung Cape Town starten. Wir hoffen, die 850 sm zuegig und ohne einen SW-Sturm hinter uns zu bringen. Danach stehen weitere Ausfluege und die Vorbereitung der Stella auf den Atlantik-Toern auf dem Programm.

Am 8. Maerz 2005 werden wir gegen Mittag in Kiel landen (das sieht wenigstens unser Flugticket vor). Am 14. April fliegen wir zurueck, um dann so schnell wie moeglich Richtung Norden zu segeln.

Wir freuen uns darauf, einige von Euch wiederzusehen und mit anderen wenigstens zu telefonieren.

Wenn einer von Euch Details zur Route, zu den Einklarierungsbedingungen und zu den Versorgungsmoeglichkeiten wissen will (weil er selbst den Toern machen will) fragt an, wir koennen viel berichten.

Liebe Gruesse von
Inge und Wolfgang von der Stella Maris


letzte Änderung 11. 2004