Reisebericht der Stella Maris in Polynesien 2004

Travelreport

Kiel, im Dezember 2003

Hallo,

Wir sind mal wieder mit dem Flieger wohlbehalten in Kiel gelandet, waehrend die Stella in einem Vorort von Brisbane an dem vorjaehrigen Liegeplatz untergebracht ist.

Zunaechst wuenschen wir allen froehliche Weihnachten und ein frohes und gesundes neues Jahr und bedanken uns bei all denen, die uns in den letzten Monaten, mit Nachrichten aus der Heimat oder aus irgend einem Teil der Welt erfreut haben.

Vorweg noch 2 Bemerkungen, bevor wir mit unserem Bericht ueber die letzte Etappe des diesjaehrigen Toerns beginnen.

Zunaechst fuer die Interessierten in Kiel und Umgebung: am Sonntag, dem 4. Januar 2004 um 19.00 Uhr werden wir wieder unsere Dias zeigen, wie immer im Clubhaus des Postsportvereins am Heikendorfer Weg in Dietrichsdorf.

Nun moechte ich die Neuen unter den Empfaengern des Rundbriefes begruessen. Es geht mittendrin im diesjaehrigen Suedpazifiktoern los. Zuvor waren wir von Brisbane ueber Neuseeland, Tonga und  Samoa nach Fiji gesegelt. Dort waren wir am Ende auf einer kleinen Ferieninsel mit Ressort und Marina angekommen, wo wir mal wieder herrliche warme Duschen geniessen konnten.

Von dort verholten wir rechtzeitig in eine Marina auf der Hauptinsel von der aus Volker (unser Gast fuer sechs Wochen) bequem seinen Flieger erreichen konnte und wir die Ausklarierungsbehoerden aufsuchen konnten.

Nach Volkers Heimflug wollten wir unverzueglich nach Vanuatu starten, jedoch hielt uns ein nahezu stationaeres Tief mit staendigem Suedwestwind fuer zehn Tage fest, denn vor uns lagen rund 450 sm Richtung Suedwest. Dann jedoch erreichten wir nach einem problemlosen Toern mit passendem Wind Tanna, eine der suedlichen Inseln Vanuatus. Tanna wird gerne angelaufen, weil es dort einen leicht zugaenglichen, noch aktiven Krater gibt. Spaet nachmittags stand fuer die Mannschaften der gerade in der Bucht ankernden Boote ein Pickup bereit, mit dem wir ca 1 Stunde ueber gebirgige Strassen, zum Teil nur Feldwege, zum Fuss des Kraters  gefahren wurden. Dort mussten wir noch gute zehn Minuten hochsteigen und konnten bei beginnender Dunkelheit in den Feuerschlund des Vulkans blicken. Ein beeindruckendes Erlebnis. (Die Fahrten mit Yachties zum Krater sind eine der wenigen Einnahmequellen aus dem Tourismus auf dieser Insel.)

Ein 24 stuendiger Toern nach Norden brachte uns dann nach Port Vila, der Hauptstadt von Vanuatu, die wir schon aus dem Vorjahr kannten. Kurz zur Erinnerung: Port Vila und einige der dazugehoerigen Inseln wurden waehrend der Kolonialzeit als „Kondominium“ von Englaendern und Franzosen gemeinsam verwaltet. Kondominium heisst, dass es nicht abgegrenzte Bezirke fuer Frankreich und England gab, sondern dass jede Kolonialmacht die ihnen zuzurechnenden Einwohner nach ihrem Recht und ihren Regeln verwaltete. Zum Glueck haben sie sich fuer alle Einwohner auf den Rechtsverkehr geeinigt!

Der ehemalige franzoesische Einfluss macht sich noch deutlich in der Kueche der Restaurants und bei den frischen Baguette, die es taeglich gibt, bemerkbar.
 

In Port Vila kamen Nina und Jan, Freunde aus Potsdam, fuer vier Wochen zu uns.

Nach drei Eingewoehnungstagen haben wir uns dann nach Norden aufgemacht, um einige der Doerfer auf den Inseln zu besuchen. Nach langer Zeit wurde es mal wieder tropisch warm. Wir konnten schlafen ohne uns zuzudecken und genossen die wohlige Waerme.

In den Wochen oder sogar Monaten zuvor war immer viel kuehle Luft aus dem Suedmeer in die Tropen vorgedrungen und hatte vielfach bedecktes Wetter  bei nur 23° bis 25° oder 27 ° gebracht. Nachts musste man sich mit einem leichten Frotteetuch zudecken.

Von den Inseln Vanuatus hatten wir gehoert, dass sie noch recht abgeschieden und urspruenglich sein sollten. Es gibt wenig Tourismus ausser den Seglern. Sie sind alle vulkanischen Ursprungs, insgesamt sind noch neun Vulkane aktiv, davon zwei unter Wasser. Die Inselkette liegt direkt auf dem pazifischen Feuerring, der die Grenze zwischen der pazifischen und australichen Platte bildet. Vanuatu liegt zu beiden Seiten, so dass einige Inseln jaehrlich um 2cm gehoben werden, andere im Meer versinken. Das letzte grosse Erdbeben mit grossen Schaeden (ueber sieben auf der Richterskala) ereignete sich 1994.  Die Inseln sind hoch, sehr zerklueftet und mit ueppiger tropischer Vegetation bedeckt.

Auf unserem ersten Ankerplatz (Port Havanna)kamen Leute mit Auslegerbooten, um uns Gemuese anzubieten. Nach Vereinbarungen ueber Art und Menge paddelte unser Handelspartner davon, um aus seinem Garten das Gewuenschte zu holen. Bezahlt haben wir mit eigens hierfuer in Australien in einem second hand shop erworbener Kinderkleidung. Dies ist fuer die Insulaner wichtiger als Geld.

Auf einem der naechsten Ankerplaetze (Bannam Bay, Malakula) boten uns die Bewohner eines Dorfes gegen angemessene Bezahlung an, ihre traditionellen Taenze aufzufuehren. Es war schon spaet am Nachmittag, als wir uns dafuer entschieden. Eine Stunde Vorbereitungszeit genuegte, um ca 20 maennliche und ebensoviele weibliche Taenzer und Taenzerinnen vorzubereiten. Trotzdem wurde es bald dunkel und der Tanzplatz wurde mit brennenden Zweigen von Kokospalmen beleuchtet. Die Maenner tanzten mit weisser Farbe bemalt und nur mit Peniskoecher, die Frauen nur mit Roecken aus Pandanusstreifen bekleidet.
Diese Taenze wurden fuer uns zu einem ganz besonderen Erlebnis.

Das naechste Dorf (Norsup, ebenfalls auf Malakula) wurde im Vanuatu-Fuehrer mit taeglichem Markt, zwei kleinen Supermaerkten und einer Tankstelle angepriesen. Die Tankstelle war schon lange eingegangen, etliche Meilen entfernt sollte es noch eine geben. Von den Supermaerkten existierte noch einer, mit wirklich knappem Angebot. Der taegliche Wochenmarkt fand nur noch Freitags statt. –Leider war nicht Freitag.

Die naechste Etappe war das Dorf Asanwari auf der Insel Maewo. Dieses Dorf bietet bei ausreichender Beteiligung fuer Segler ein gemeinsames Abendessen und anschliessend traditionelle Taenze und Gesaenge. Als wir ankamen lag nur noch eine Yacht auf der Reede. Der Skipper sagte uns, dass fast alle Dorfbewohner von Seglern etwa sieben Meilen nach Norden in ein anderes Dorf gefahren worden waren. Er selbst startete gerade die letzte Fuhre. In dem Nachbardorf sollte ein Fest stattfinden. Wir schlossen uns an und erreichten nach einer guten Stunde die Ankerreede vor dem Dorf. Beide Doerfer sind nicht durch eine Strasse oder einen Weg verbunden. Zwischen beiden Orten liegen hohe, zerklueftete Berge, die total unwegsam sind. Die Verbindung zwischen den Doerfern kann nur mit einem kleinen Boot (hoechstens 10 Passagiere oder mit Auslegerkanus aufrecht erhalten werden. Der Transport mit underen Segelbooten kam also sehr gelegen.

Zum Dorffest hatten sich Bewohner aus 6 Doerfern getroffen. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand ein Volleyballtournier und zwar mit Maenner- und Frauenmannschaften. Ausserdem gab es einen Wettbewerb fuer Stringbands und fuer Choere. Im Mittelpunkt der Stringband steht ein Bass, der aus einer Holzkiste besteht, auf die ein ca 1 m langer Stock gestellt wird, mit dessen Hilfe ein mit der Kiste verbundenerc Bindfaden gepannt wird. Eine Band trat mit einem Keybord auf, ein hier ueberraschendes Instrument. Der auch vorgesehene Wettbewerb von traditionellen Taenzen, entfiel fuer uns. Die Bewohner von Asanwari, fuer deren Ruecktransport auch wir mit 14 Personen  fest eingeplant waren, mussten das Fest vorzeitig verlassen, weil sich auf dem Wasser von Norden ein Squarerigger zeigte, dessen Chartergaeste als festen Programmpunkt das Essen und die Taenze in Asanwari gebucht hatten. So traf sich dort am naechsten Abend eine relativ grosse Gesellschaft im Dorfgemeinschaftshaus. Wir konnten nochmals die beeindruckenden traditionellen Taenze sehen, die sich aber von denen auf Malakula unterschieden.

Maewo war unser noedlichster Punkt. Rasmus war uns hold, so dass wir die 150 sm nach Sueden bei einem E oder NE in ein einhalb Tagen absegeln konnten und am naechsten Tag wieder Port Vila erreichten. Das Schiff wurde neu verproviantiert und es wurde ausklariert. Diesmal mussten wir nicht lange auf ein Wetterfenster warten, sondern wir hatten fuer die Strecke nach Noumea (Neukaledonien, ca 400 sm) sofort den passenden Wind.

In Noumea, das uns auch bereits aus dem Vorjahr bekannt war, verliessen uns Nina und Jan und einen Tag spaeter kam Peter fuer gut drei Wochen.

Neukaledonien ist nicht vulkanischen Ursprungs sondern ein Teil des Urkontinents Godwana. Es ist ungewoehnlich reich an Erzen. Eisen und besonders Nickelerze werden im Tagebau abgebaut und zum Teil auch im Lande verarbeitet. Es gibt auch reiche Vorkommen an anderen edlen Metallen. Die Bevoelkerung, die teils vom Erzbergbau und teils von Land- und Viehwirtschaft lebt, hat einen guten Lebensstandard. Traditionelle Doerfer gibt es nicht mehr in Neukaledonien. Die meisten wohnen in festen Stein- oder Holzhausern, und viele haben Autos. Es gibt nur noch ein „Grande Case“, ein traditionelles Haus, das im Wesentlichen der Schlichtung von Streitigkeiten unter den Dorfbewohnern und zeremoniellen Handlungen dient.

Mit Peter segelten wir zunaechst zur Iles des Pins, einer Insel mit schoenen Ankerbuchten und Straenden. Die Insel ist mit vielen Araukarien (einer sehr urtuemlichen Nadelholzart) bewachsen, daher der name „Insel der Pinien“. Der Tourismus ist gut ausgebaut, es gibt sehr gute Strassen. Wir mieteten also ein Auto und umrundeten in knapp 4 Stunden die Insel.

Ein 24 stuendiger Toern brachte uns zu einer weiteren Insel im Norden (Mare , Loyalties). Nach unserem ersten Besuch auf der Insel ging unser Aussenbordmotor kaputt, die Kuehlung viel aus. Da wir weit von einem Dinghi-landeplatz entfernt ankerten, verzichteten wir auf weitere Erkundungen auf dieser Insel und segelten an die Ostkueste der Hauptinsel.

Dieser Teil Neukaledoniens ist vom Erztagebau gepraegt. Die Landschaft sieht total rot und gelb aus. In unserem ersten Hafen (Kouaoua) endet das laengste, gekurvte Erztransportfoerderband der Welt. Es ist 13 km lang und fuehrt von einer Tagebaustelle ueber viele Huegel zu einer Verladerampe am Hafen. Hier koennen groessere Schiffe beladen werden.

In Kouaoua verschlechterte sich das Wetter drastisch und wir erlebten einen windigen und total verregneten Tag mit Hoechsttemperaturen von 19°. Wir fuehlten uns nach Hause in die Ostsee versetzt.

Peters Abreise rueckte naeher und wir wollten noch gemeinsam zwei Tage mit einem Mietauto ueber die Insel fahren, also begannen wir gegen den Suedostwind, der sogar bei dem schlechten Wetter fast aus Sued kam, loszukreuzen. Abends suchten wir geschuetzte Ankerbuchten auf, da die niedrigen Temperaturen nicht zum Durchsegeln verlockten. Nach drei Tagen hatten wir die Suedecke der Hauptinsel erreicht und wollten nun mit halbem Wind nach Westen laufen. Jedoch drehte der Wind auf West und wurde teilweise auch lebhaft. So benoetigten wir fuer die rund 40 sm bis Noumea noch zwei weitere Tage. Zum Glueck gibt es ueberall kuschelige Ankerbuchten.

Die zweitaegige Autofahrt im suedlichen Teil der langen Hauptinsel erschloss uns eine neue Welt. Die Kuesten sind stark gegliedert und haben viele Ankerplaetze, aber das Inselinnere ist wild zerkluftet, und die gut ausgebauten Strassen haben vielfach Hochgebirgscharakter. Die Insel ist, obwohl noch im Tropenguertel liegend, teilweise subtropisch trocken, an der Ostkueste aber auch ueppig tropisch gruen. Auf dieser Autofahrt besuchten wir – wie auch Mitterand, Chirac und Le Penne – die letzte „Grande Case“ der Insel.

Peter musste uns bald verlassen und fuer uns stand der Absprung nach Australien vor der Tuer. Vier Tage wurden wir nach dem geplanten Auslauftermin noch in Noumea festgehalten, weil der Wind mal wieder aus Suedwest wehte, genau daher, wo wir hinwollten. Dann stellte sich aber wieder der Suedost-Passat ein und wir hatten eine insgesamt ruhige Ueberfahrt. Wir brauchten fuer die ca 800 sm rund acht Tage, klarierten ein und verholten an unseren Liegeplatz in Cleveland. Uns blieben noch 10 Tage bis zum Abflug nach Europa, in denen viel zu regeln war. (Die Stella brauchte ganz dringend eine neue Ueber-alles-Persenning, weil die alte schon beim scharfen Hinblicken immer neue Risse bekam. Ausserdem haben wir zwei neue Segel bestellt, das Auto ueberholen lassen und Ausruestung fuer unseren Australientoern mit dem Auto beschafft (z.B. zweites Ersatzrad und Auftrag zur Beschaffung einer gebrauchten extra Stossstange gegen Kaengurus.)

Der Flug war sehr angenehm, wir uebernachteten einmal in Los Angelas und viermal in New York, so dass der Jetlack nicht so gross war.

Am 7. Januar 2004 fliegen wir wieder los, zunaechst fuer eine Woche nach Bangkok und dann nach Brisbane. In Australien werden wir Anfang Mai beginnen, an der Ostkueste nach Norden zu segeln (teilweise hinter dem Barierriff) bis nach Darwin an der Nordkueste. Von hier soll es Ende Juli dann nach Suedafrika losgehen, wo wir wegen der Hurrikanes Ende Oktober 2004 ankommen muessen.

Weihnachten 2004 werden wir voraussichtlich in Suedafrika verbringen. Unser naechster Besuch in Kiel ist im Maerz 2005 geplant. Vorher wird es aber wieder einen Travelreport geben.

Inge und Wolfgang von der Stella Maris


letzte Änderung 12. 2003